11. Dezember

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Erhellende Weihnachten

Von Nicky DeMelly
Gesprochen von Thomas Hühnerfeld

„Hiermit verurteile ich Sie, Jaron Munzewicht, zu gemeinnütziger Arbeit, vom 28.11. bis 25.12.2021.“ Der Richter fügte schmunzelnd hinzu: „Beim Weihnachtsmann.“
Mir klappte der Unterkiefer herunter. „Wollen Sie mich ver... Au!“ Wütend fuhr ich zu meinem nichtsnutzigen Verteidiger herum, der seinen Fuß gegen meinen Knöchel gerammt hatte. Mit verkniffener Miene schüttelte er den Kopf, während der Richter fortfuhr.
„Nein, ich verhaue niemanden. Das tun nur Sie.“
„Weil er angefangen hat!“
Seufzend lehnte sich der Richter zurück. „Wir sind hier nicht im Kindergarten. Sie verstehen den Ernst der Lage nicht.“ Er beugte sich vor und hob den Zeigefinger. „Sie haben ihn ausgelacht, weil er seinen Vater verloren hat. Das ist, menschlich gesehen, ein weit schlimmeres Vergehen als Ihre Schläge! Denken Sie mal drüber nach. Die Sitzung ist geschlossen.“ Er erhob sich und verschwand, gefolgt von seinem Anhängsel.
Was für ein Scheiß! Gut, ich hatte David einen ziemlich fiesen Spruch an den Kopf geknallt. Aber er hatte mich auch provoziert! 
War ja auch egal. Die paar Wochen schaffte ich. Und danach konnte der Penner was erleben!

Die Zeit beim vermeintlichen Weihnachtsmann war todlangweilig. Ohne Ende Geschenke verpacken. Tag für Tag.
Am ersten Weihnachtstag landeten wir im Kinderheim. Hier wurden Spenden abgeliefert. Scheinbar hatten die nichts Besseres verdient.
Das nächste Paket war für einen Andy. Ich öffnete die Tür und ging in den kleinen Raum, der leer sein sollte. Aber Andy war hier. Er saß zusammengekauert in einer Ecke und starrte an die Wand. Mich ignorierte er völlig, was mich irritierte. Immerhin brachte ich ein Geschenk!
„Ich will das nicht“, murmelte Andy, ohne mich anzusehen. Erstaunt hielt ich inne.
„Hä? Du willst kein Geschenk?“
Andy senkte den Blick. „Nicht dieses.“
„Auch noch Ansprüche stellen?“ Ich schnaubte verächtlich.
Als Andy mich nun ansah, aus seinen roten, verquollenen Augen voller Verzweiflung, schrak ich zurück. Der Junge litt. Und ich verspürte zum ersten Mal in meinem Leben Mitleid. „Was willst du dann haben?“, fragte ich vorsichtig.
Er schluckte. „Ich will nur meine Eltern zurück. Das ist alles.“
„Aber du hast hier doch auch ziemlich coole Leute!“
Wieder sah er mich an. „Hast du deine Eltern noch?“
Ich nickte. Ja, die gingen mir täglich auf den Sack.
„Dann weißt du also, wie es sich anfühlt, geliebt zu werden. In den Arm genommen zu werden, Halt zu haben. Immer jemanden zu haben, der zuhause auf dich wartet. Der dir hilft, wenn du Probleme hast. Der einfach nur da ist. Für dich.“ Er blickte auf. „Kein Geschenk der Welt kann die Eltern ersetzen!“
Ich starrte ihn an. Verdammt, er hatte recht. Ohne meine Eltern war ich ein Nichts!
„Entschuldige, ich hab was zu erledigen.“ Ich ging zur Tür, wo ich nochmal innehielt. „Danke. Wenn du mal Hilfe brauchst, sag Bescheid. Ich lass dir meine Nummer hier.“
Nachdenklich ging ich zum Weihnachtsmann, um mich für eine Stunde zu entschuldigen. Ich hatte was zu klären. Mit David. Der würde jetzt wohl die erste Entschuldigung hören, die ich in meinem Leben von mir gab. Und es würde nicht die Letzte sein.