12. Dezember
Inhalte von Youtube werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf “Zustimmen & anzeigen”, um zuzustimmen, dass die erforderlichen Daten an Youtube weitergeleitet werden, und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in unserer Datenschutz. Du kannst deine Zustimmung jederzeit widerrufen. Gehe dazu einfach in deine eigenen Cookie-Einstellungen.
Zum Hören bitte Bild anklicken!
Zufällige Begegnung im Schnee
Von V. J. Marin
Gesprochen von Josefine Hoffmann
Unzählige Schneekristalle bildeten eine glitzernde Fläche, welche ich mit meinen Fußspuren durchbrach. Die Sonne vertrieb die grauen Wolken vom Vortag, sodass sie dem strahlenden Blau ihren Platz überließen.
Mein geheimer Ort unter der großen Trauerweide am Ufer unseres Flusses war mein Ziel. Die tiefhängenden Äste schützten mich im Frühjahr und Sommer vor neugierigen Blicken und erlaubten mir, meinen Gedanken nachzuhängen, während ich auf das stetig dahinfließende Wasser starrte, in dem sich das Sonnenlicht glitzernd brach. Wütend und verletzt hatte ich mich hierher geflüchtet, nachdem Marcel mich kurzerhand wegen einer anderen Frau abserviert hatte, einer Frau, die abenteuerlustiger war als ich. Und das direkt vor Weihnachten! Das sanfte Murmeln des Wassers beruhigte mich, ließ die salzigen Fluten auf meinen Wangen versiegen und meine Gedanken ordneten sich.
Ich war erst 28 und konnte schon morgen meinem Traummann begegnen. Mein Wunsch nach einer eigenen Familie war durch diese Enttäuschung nicht verschwunden. Sollte Marcel doch bleiben, wo der Pfeffer wächst! Dermaßen gefangen in meinen Grübeleien, bemerkte ich ihn erst, als er mich ansprach: „Oh, ich wusste nicht, dass noch jemand hierher kommt!“
Ertappt fuhr ich herum und wischte mir verlegen die letzten Tränenspuren vom Gesicht. Wortlos starrte ich ihn an, nahm sein attraktives Äußeres in mich auf und erkannte, dass Adrian vor mir stand, welcher der Schwarm meiner Schulzeit gewesen war. Dieser Gedanke trieb mir das Blut in die Wangen.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken“, fuhr er lächelnd fort, als ich ihn nur wortlos anstarrte. „Du bist Jasmin, richtig?“ Zu mehr als einem Nicken war ich nicht fähig, denn seine sanfte, tiefe Stimme berührte etwas tief in mir. „Darf ich dir ein wenig Gesellschaft leisten?“
„Ja, klar“, gab ich leise zurück. Gemeinsam standen wir eine zeitlang unter dem Baum, dick eingemummt in unsere Winterkleidung, und lauschten der Melodie des Flusses, während mein Herz Purzelbäume schlug und sich nur mühsam beruhigte. Tiefe Ruhe breitete sich in mir aus und immer wieder warf ich Adrian einen Blick von der Seite zu. Ich konnte nicht fassen, dass ausgerechnet er hier war.
Schließlich lachte er auf. „Mit dir kann man wirklich gut schweigen. Hast du Lust, einen Spaziergang mit mir zu machen?“ Seine bernsteinfarbenen Augen leuchteten, als er mich erwartungsvoll ansah. Ich gab ihm recht: Die Stille zwischen uns war einträchtig gewesen. Vor allem interessierte mich, was ihn hierhergetrieben hatte.
„Gern, Adrian“, stimmte ich zu und ein Lächeln erschien auf meinem Gesicht, als wir losgingen.
„Du weißt also noch, wer ich bin?“ Diese Tatsache schien ihn sehr zu freuen und mein Herz schlug erneut einen Purzelbaum. Ob ich ihm verraten sollte, dass ich früher heimlich in ihn verknallt gewesen war? Noch nicht, entschied ich.
„Ja, schließlich warst du damals der Schwarm aller Mädchen“, neckte ich ihn. Wir blieben stehen, sein Blick suchte meinen und hielt ihn gefangen.
„War?“, flüsterte er.
„Wer weiß“, gab ich leise zurück.
Der Zufall führte uns wieder zusammen. Keiner von uns wusste, wohin uns diese Begegnung führen würde, doch sie war ein Anfang.