14. Dezember
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Hausgemacht
Von Susanne Kowalsky
Gesprochen von Philipp Guse
Die Risse im Putz schmerzen. Das Geklapper der Dachpfannen, ein aufdringliches Geräusch. Aber sie meckern unentwegt. Ich kann es doch nicht ändern, dass sie locker sitzen. Die Geräusche im Keller. Sie rauben mir den Schlaf, den ich dringend nötig hätte. Sie stammen aus längst vergangenen Tagen, als noch Leben in mir war. Spuren von Einst, in meiner Erinnerung, herrliche Kinderstimmen, fröhliche Gesichter, wunderbare Düfte, vor allem zu den Festtagen. Was ist geblieben? Dunkelheit und feuchte Räume. Die Risse im Putz werden tiefer, beinahe täglich.
Der alte Kastanienbaum kennt meine Leiden nur zu gut. Bei ihm sind es die Wurzeln, an denen mit jedem neuen Jahr weitere, faulige Stellen auftauchen. Der Geruch von Moder übertüncht unsere einstige Schönheit. Schweigsam ist er, mein Baumfreund. Die meiste Zeit jedenfalls. Wenn jedoch der Wind seine Blätter sprechen lässt, hält mich kaum etwas zurück. Dann nehme ich all meine Kraft zusammen und lasse die Holzdielen in sein Lied mit einstimmen.
Da sind sie wieder! Diese elenden Ruhestörer, die keinen Respekt vor dem Alter haben. Sie schleichen durch die Nacht, glauben, etwas über damals zu erfahren. Sie nähern sich der Treppe zur Veranda, blenden mich mit ihren Taschenlampen. Zeit zu handeln. Sie dürfen nicht hinein, doch die Eingangstür ist längst verstorben. Mir bleibt nur eins. Ich warte. Noch einen winzigen Moment. Der Kastanienbaum hilft mir. Er wirft morsche Äste ab, die Gruppe fährt herum. Jetzt! Mit einem Schlag lasse ich die Fensterläden zuknallen. Verdammt. Diese Schmerzen. Einer der Läden ist abgefallen. Geschrei. Schrill. Unerträglich. Ein Mensch stolpert, gerät in Panik, will mit den anderen flüchten, scheitert. Schafft es doch. Die werden nie mehr wieder kommen. Es ist immer dasselbe. Interessenten, die mich lieb haben? Sie bleiben aus.
Die Tage vergehen, die Nächte werden kälter, mein Baumfreund wird schwächer. Er wird das Frühjahr kaum erleben, ebenso wenig wie ich. An Wunder glaube ich nicht. Die Abrissbirne wird vermutlich direkt nach den Feiertagen auftauchen.
Das Geräusch eines Motors reißt mich aus dem Schlaf. Ein Fahrzeug schleicht die Auffahrt hinauf. Menschen! Ohne Taschenlampe. Sie kommen auf mich zu. Sie halten etwas in den Händen, falten es auseinander, sehen mich an, lächeln. Behutsam betreten sie die Veranda.
»Endlich geht unser Traum in Erfüllung.«
»Ja, es ist wunderschön. Und den alten Kastanienbaum kriegen wir auch wieder hin.«