23. Dezember
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Weihnachtsfreunde
Von Lukas Herzog
Gesprochen von STORYoshi
Der kleine Bernie streifte durch die schmalen Gassen seiner Heimatstadt. Die Straßen waren schneebedeckt und er hatte Mühe, vorwärtszukommen. Wie jedes Jahr um diese Zeit dehnte er seinen Abendspaziergang um eine kleine Runde über den noch kleineren Stadtmarkt aus, auf welchen Stände jeglicher Art ihre weihnachtlichen Waren anboten. Er erhoffte sich von dieser Runde ein paar heruntergefallene Süßwaren aufschnappen zu können, welche er im Nachhinein genießen konnte. Doch dieses Mal ging er leer aus. So gründlich er auch suchte, gelang es ihm nicht, auch nur ein einzelnes Stück seiner begehrten Ware zu finden.
Schließlich verließ ihn die Lust und er beschloss, sich auf den Heimweg zu machen. Doch als er die letzten Meter über den Weihnachtsmarkt schlenderte, fiel ihm plötzlich etwas gelb Schimmerndes unter der Schneedecke auf. Vorsichtig näherte er sich und begann an dem kleinen, funkelnden Ding zu schnuppern. Dann wurde er mutiger. Er griff mit seinen dünnen Ärmchen danach und zog mit all seiner Kraft daran, bis schließlich ein hölzerner Anhänger zum Vorschein kam, welcher an einer dünnen metallenen Kette hing. Er betrachtete seinen Fund aus der Nähe. Er hatte die Form eines kleinen Engels, wie er sie schon des Öfteren bei den Leuten in der Weihnachtszeit gesehen hatte. Nur das dieser hier etwas Besonderes war. Anstatt der kleinen schwarzen Augen strahlten ihn nun zwei gelb-funkelnde Steine an.
Ohne zu zögern beschloss Bernie den kleinen Engel mit sich zu nehmen und ihn Zuhause in seinem Bau aufzuhängen, wie es auch die Menschen taten. Wie gesagt, so getan, schleifte er den kleinen hölzernen Anhänger mit größter Mühe hinter sich her und achtete darauf, ihn ja nicht zu beschädigen.
Als er endlich bei seinem Haus angekommen war, schlich er herum und schlüpfte durch eine kleine Öffnung in der Holzverkleidung, was ihm mit seinem Fund nicht gerade leichter viel. Als er es dann endlich geschafft hatte, beschloss er, sich gleich daran zu machen, den kleinen Anhänger an seiner Decke anzubringen. Nun kramte er in der kleinen Vorratskammer herum und zog noch ein paar Essensreste hervor, welche er feierlich vor dem Engel ausbreitete. Doch irgendetwas fehlte immer noch. Angestrengt dachte er nach, was die Menschen so mit Freude füllte. Er dachte an den Weg seiner kleinen Abendrunde und versuchte sich daran zu erinnern, was der Unterschied zwischen den bunt geschmückten Stuben jener Menschen und seinem bescheidenen Bau war. Dann viel es ihm wie Schuppen von den Augen.
»Aber natürlich!«, schrie er voller Aufregung auf. »Ein Baum, ich brauche einen Baum!«
Aufgeregt und voller Tatendrang machte er sich gleich auf die Suche. So schnell wie ihn seine kleinen Beine tragen konnten, rannte er in den nahe stehenden Wald und hielt aufgeregt nach einem passenden Baum Ausschau. Doch schnell wurde ihm klar, dass keiner der hier stehenden Bäume auch nur annähernd in seinen Bau passen würde. Doch aufgeben war keine Option. Er suchte weiter und weiter, bis er tatsächlich nach einer guten Stunde fündig wurde und einen kleinen Ast einer starken Tanne auf dem verschneiten Waldboden fand. Dieser hatte die perfekte Größe und würde sogar seinen kleinen Engel tragen können.
Als er endlich wieder in seinem vertrauten Heim war, begann er damit besagten Ast aufzurichten und ihn mit kleinen Papierfetzen zu schmücken, welche überall in seinem Bau verteilt lagen. Als er zufrieden war, setzte er schlussendlich noch seinen kleinen Engel auf die Spitze und verteilte die Essensreste um den Baum herum.
Doch noch immer schien etwas zu fehlen. Die weihnachtliche Atmosphäre, welche er durch die Wohnzimmerfenster der Menschen beobachten konnte, schien ihm noch immer so fremd wie zuvor. Angestrengt überlegte er weiter, wo der Unterschied zwischen ihm und den beobachteten Menschen liegen konnte. Dann wurde es ihm klar. Besagte Menschen standen alle in ihren Familien beieinander und verbrachten das Fest in ihrer familiären Gemeinschaft. Womöglich war es das, worauf es beim Weihnachtsfest wirklich ankam. Aber was konnten denn schon ein paar Artgenossen mehr oder weniger zu einem schönen Fest beitragen? Aber naja, einen Versuch war es ja wert, immerhin hatte er ja bereits damit begonnen, seinen Bau den Festtagen entsprechend herzurichten. Was hätte er schon zu verlieren, wenn ihn auch seine Familie zu Gesicht bekäme?
So schritt er also zur Tat und machte sich gleich an die Arbeit, einige kleine Weihnachtskarten zu dekorieren. Nachdem er all seine Karten beisammen hatte, stürmte er sogleich aus seinem Loch und verteilte die kleinen Kärtchen vor sämtlichen Häusern, welche von seinen Verwandten bewohnt wurden. Auch wenn er sich nicht sicher war, ob sie diese auch empfangen würden, so würde es ja spätestens am nächsten Tag klar, wer sie bekommen hatte und wer nicht.
Als alles geschafft war, setzte er sich völlig außer Atem in seinen bequemen Sessel und holte den verpassten Schlaf des vergangenen Tages nach. Als er von den ersten Sonnenstrahlen geweckt wurde, fühlte er sich wieder frisch und ausgeruht. Fröhlich stellte er fest, dass der entscheidenden Tag gekommen war. Den ganzen Vormittag war er damit beschäftigt seinen Bau herzurichten, damit sich seine Verwandten wohlfühlen würden. Als es nun endlich soweit war, konnte er kaum noch stillhalten vor lauter Vorfreude. Unruhig saß er am Tisch und wartete darauf, dass doch endlich jemand kommen würde. Minute für Minute und Stunde für Stunde verstrich. Doch noch immer war nichts von seinen Verwandten zu sehen. Als er schon die Hoffnung aufgeben hatte und sich bereit machte zu Bett zu gehen, klopfte es plötzlich an seiner Tür. Aufgeregt sprang er auf und öffnete. Voller Enttäuschung musste er jedoch feststellen, dass es nicht seine Familie, sondern eine Kanalratte von der Straße war. Sie erzählte ihm, dass sie einen seiner Flyer gefunden hatte, auf denen von seinen Feierlichkeiten berichtet wurde und fragte, ob sie nicht hinein dürfe. Hin und her gerissen zwischen Trauer und Freude, willigte er ein und beschloss, das Beste daraus zu machen.
Von der Straße her konnte man die Klänge der Weihnachtsmusik vernehmen und das Licht der Straßenbeleuchtungen schimmerte durch kleine Löcher der Holzverkleidung. Schweigend standen sie nebeneinander Maus und Ratte und genossen gemeinsam den Weihnachtsabend.